Der Adventskalender der Stiftung Christliche Kunst widmet sich in diesem Jahr einem besonderen Ereignis. Der Dom der alten Hansestadt Stendal feierte im April 2024 sein 600jähriges Bestehen. Und das bedeutet auch: 600 Jahre einzigartige mittelalterliche Glasmalereien. Ein Schatz, der sich mit den großen Kathedralen, etwa mit Köln, Regensburg oder Erfurt, durchaus messen kann. 22 großformatige Glasfenster, von denen die Hälfte noch aus der Bauzeit des Domes erhalten sind, zeigen auf mehr als 1000 Scheiben biblische Szenen, Heiligenlegenden und Stifterfiguren. Einige davon wollen wir Ihnen in unserem Adventskalender vorstellen. Vielleicht bekommen Sie dann ja auch Lust, den Dom in Stendal, die alte Hauptkirche der Altmark, einmal selbst zu besuchen, um sich von den „Bilderbüchern des Mittelalters“, ihrem wunderbar farbigen Leuchten und ihrer spirituellen Kraft beeindrucken zu lassen. Denn auch heute noch faszinieren diese strahlenden Malereien. Und dass man im Mittelalter dieses Licht für einen Abglanz der himmlischen Welt hielt, verwundert nicht. Gott, der Schöpfer des Lichts, so die damalige Vorstellung, geht mit dem Licht auf die heiligen Gestalten der Glasbilder über. Dadurch ist er im Gotteshaus gegenwärtig.
Das Bildprogramm der Domfenster greift auf die Legenda aurea („Goldene Legende“) zurück, eine um 1264 auf Lateinisch verfasste Sammlung von Lebensgeschichten der Heiligen. Die Legenda aurea war das populärste und weit verbreitetste religiöse Volksbuch des Mittelalters und ist auch eine wichtige Quelle für die Kunstgeschichte.
Die „Heiligenfenster“ des Doms blieben auch in evangelischer Zeit bedeutsam, denn schon das Augsburgische Bekenntnis von 1530, das erste offizielle Bekenntnis der Wittenberger Reformation, hatte festgehalten: Man soll die Heiligen zwar nicht anbeten, aber Christen sollen „der Heiligen gedenken (…), damit wir unseren Glauben stärken, wenn wir sehen, wie ihnen Gnade widerfahren und auch wie ihnen durch den Glauben geholfen worden ist; außerdem soll man sich an ihren guten Werken ein Beispiel nehmen, ein jeder in seinem Beruf“ (CA 21).
Wenn Sie die einzelnen Abbildungen zu den Glasfenstern anklicken, erscheinen sie auf einer neuen Seite in Vergrößerung. Auf dieser Seite können Sie dann rechts oben den Vollbildmodus aktivieren und mit der Lupe noch weitere Details erkunden.
Freude beim Betrachten und Bedenken in der vor uns liegenden Adventszeit wünschen Ihnen
Hanna Kasparick und Jörg Sandau
Impressum:
Bildnachweis: © CVMA Potsdam, BBAW, Foto: Holger Kupfer, Corpus Vitrearum Medii Aevi Potsdam.
Texte: Dr. Reinhard Creutzburg (für den Adventskalender bearbeitet und ergänzt von Dr. Hanna Kasparick)
Gestaltung: Jörg Sandau
Literatur: Reinhard Creutzburg, Markus Schütte, Peter Rogge, Schatz aus Glas. Die Glasmalereifenster im Dom St. Nikolaus zu Stendal. Hrsg. Ev. Stadtgemeinde Stendal, Pfarrer Markus Schütte, Potsdam [2024];
Maria Deiters, Die Glasmalereien des Stendaler Doms – Kunsthistorische Einordnung, in: ebd., 95–101.
Jacob de Voragine, Legenda aurea. Aus dem Lateinischen übersetzt von Richard Brenz, Heidelberg 1979.
St. Nicolaus (Stendal), in: https://de.wikipedia.org/wiki/St._Nikolaus_(Stendal); 26.10.2024.