Bernhard Heisig

Auf ein Wort

Jutta Brinkmann Mitglied des Kuratoriums

Im Mai 2010 kam die beeindruckende Lithografie als Dauerleihgabe von Frau Dr. Cornelia Winkelmann aus dem Nachlass ihres Vaters Werner Krusche, der bis 1983 Bischof der Kirchenprovinz Sachsen war, in die Sammlung der Stiftung Christliche Kunst Wittenberg.

Bernhard Heisig wendet sich hier als weltlich orientierter Künstler, ebenso wie zuvor zum Beispiel auch George Grosz oder Otto Dix, der christlichen Ikonografie zu, um das erlebte Grauen und die tiefe Traumatisierung des Weltkrieges in seinen Bildern zu verarbeiten. Der 1925 in Breslau geborene Heisig erlebt als junger Mann die nationalsozialistische Diktatur, meldet sich 1941 freiwillig zum Kriegsdienst und zieht 1942 mit der SS-Panzerdivision „Hitler-Jugend“ in den Zweiten Weltkrieg. Er nimmt an der Panzerschlachte in Caen und der Ardennenschlacht in Frankreich teil. Nach zum Teil schweren Verletzungen wird er Ende 1944 zur aussichtslosen Verteidigung seiner Geburtsstadt Breslau kommandiert und erlebt im Frühjahr 1945 den Untergang seiner Heimatstadt. Danach wird er als Invalide aus dem Kriegsdienst entlassen. Die erlebten Schrecken lassen Heisig nicht los und er bringt mit der Grafikfolge „Der faschistische Alptraum“ seine persönliche Perspektive auf den Krieg mit drastischen Mitteln zur Darstellung.

Die Parole „Gott mit uns“, die bei den Wehrmachtssoldaten auf dem Koppelschloss des Gürtels stand, wird für ihn Titelthema einiger Werke. Das Bild „Christus fährt mit uns“ zieht einen sofort in seinen Bann und zeigt unverblümt und durch die reale Darstellung des vernichtenden Kriegsmittels – Panzer – die Grausamkeit, die von Menschen ausgehen kann. Auf dem Geschützturm eines Panzers sitzen zwei Soldaten mit Stahlhelmen. Einer trägt eine Gasmaske. Beide Figuren stellen keine begeisterten Patrioten dar, sondern vielmehr leisten sie abgestumpft und mechanisch ihren Dienst, wirken roboterhaft ferngesteuert. Die dünnen Gliedmaßen verstärken den Eindruck der Unmenschlichkeit zusätzlich. Zwischen den beiden Soldaten erhebt sich seitlich eine Lichtgestalt aus dem Panzer mit verkrampften Händen, einem schmerzlich verzogenen Gesicht und einem zum Schrei aufgerissenen Mund. Die Gestalt ist an den Händen an ein Kreuz genagelt. Durch die christliche Ikonografie der Darstellung des Gekreuzigten ist die Figur als Christus erkennbar. Heisig setzt das Motto „Gott mit uns“ wortwörtlich um und stellt Gottes Sohn, der am Kreuz für die Sünden der Menschheit gestorben ist, den Kämpfenden zur Seite. Aber wäre er nicht geradezu entsetzt über das Inferno, das von Menschen in seinem Namen ausgelöst wird und wie sie ihn damit missbrauchen? Das Entsetzen und Erschrecken über die Gräueltaten, die durch den Krieg ausgelöst werden, schreit der Gekreuzigte geradezu qualvoll heraus. Heisig hat mit seinen Arbeiten zum „Faschistischen Alptraum“ eine allgemein gültige Anklage gegen die Aggression von Kriegstreibern geschaffen. Die Darstellungen sollten gerade auch im heute aktuellen Zeitgeschehen aufrütteln.

Dokumente

Enquiry