Am Vorabend des von den Vereinten Nationen 2001 ausgerufenen Weltfriedenstages eröffnet die Stiftung Christliche Kunst Wittenberg am 20. September eine Kunstausstellung, die angesichts globaler Konflikte der dringenden Sehnsucht nach gerechtem Frieden Ausdruck verleiht. Gezeigt werden Grafiken und einzelne Plastiken von Künstlern, die das Grauen des Krieges, dem sie ausgesetzt waren, künstlerisch bearbeitet haben:
Vadim A. Sidur (1924, Dnipro – 1986, Moskau), Der ukrainisch-sowjetische Bildhauer, Grafiker, Kurzfilmer und Lyriker mit jüdisch-russischen Wurzeln, der als sowjetischer Soldat von einem deutschen Scharfschützen schwer verletzt wurde, zählte es zu den Wundern seines Lebens, dass ihm aus dem Land, aus dem ihm so großes Leid geschah, viele seiner besten Freunde kamen. Krieg, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, aber auch der Wille, aus den mit diesen Fragen verbundenen Leiden Perspektiven für eine humanere Welt zu bieten, bestimmen das Gesamtwerk dieses Ausnahmekünstlers. Großplastiken Sidurs stehen in Berlin, Düsseldorf, Kassel, Würzburg. Bestandteil der Wittenberger Ausstellung werden einige zentrale Werke Sidurs (Leihgaben aus Privatbesitz) sein.
Bernhard Heisig (1925, Breslau – 2011, Strodehne). Der zur Leipziger Schule gezählte Maler gilt als einer der bedeutendsten deutschen Repräsentanten der Kunst der Nachkriegszeit. Heisigs künstlerisches Schaffen reflektiert seine persönlichen Erfahrungen als kriegsfreiwilliger SS-Soldat, Kulturfunktionär in der DDR und sein Leben im Spannungsfeld von Krieg, Diktatur und gesellschaftlichem Wandel. Unsere Ausstellung präsentiert die vierundzwanzig Blätter seines Antikriegszyklus von 1976/1977. Dieser Zyklus hatte bereits früh einen autonomen Charakter im Werk des Malers. Heisig schildert den Menschen als einen, der auch in Dreck und Schlamm und Elend des Krieges ein Mensch bleibt. Anlässlich des 100. Geburtstages des Künstlers erwarb Dr. Ulrich Scheufelen diese Mappe und stiftete sie in seine Wittenberger Kunststiftung.
Ulrich Lindner (1938, Dresden – 1924, Dresden). Der deutsche Fotografiker erlebte als Siebenjähriger das Inferno der Luftangriffe britischer Bomber auf Dresden. Er wuchs auf in der Ruinenstadt, die zeitlebens sein künstlerisches Schaffen mitbestimmte. Der Fotochemiker und Autodidakt entwickelte neuartige Bildtechniken mit verfeinerten Ausschneidetechniken, der Solarisation und fotochemischer Manipulationen. So entstand ein eigenständiges und umfangreiches Werk, aus dem wir unter Bezug auf das Thema der Ausstellung einige Arbeiten als Leihgaben aus Privatbesitz zeigen werden. Durch eine großzügige Schenkung aus dem Nachlass, vermittelt durch die Galerie Sandau/Berlin, verfügt die Stiftung seit dem vorigen Jahr über mehrere Arbeiten des Künstlers.
Ausgehend von ihren individuellen Lebens- und Kriegserfahrungen sind diese drei Künstler auch angesichts des gegenwärtigen Krieges zwischen Russland und der Ukraine mit ihrem Schaffen hoch aktuell. Die zentrale Intention der Wittenberger Ausstellung ist es, am Leben und Werk und im Vergleich dieser drei Künstler zueinander einen Orientierungsbeitrag um die Problematik von Leben und Zerstörung oder von Krieg und einem Leben in Frieden und Freiheit zu leisten.