Auf ein Wort

Köhlers Zeichnungen haben nichts Virtuoses, im Gegenteil, sie erscheinen sorgsam
kontrolliert aus dem Gezirkelten. Mit dem Lineal gezogene Linien sind keine
Seltenheit. Geometrie und Abstraktion wirken bei ihm als Formel des Übersinnlichen
wie etwa im Rupertsberger Kodex mit seinen im 12. Jahrhundert von Hildegard von
Bingen einem Mönch diktierten Visionen innerer Bilder. Die Kreuze, Marien- und
Christusbilder sind bei Köhler unübersehbar, wenn auch frei von kanonischen Vorgaben.

Die religiösen und profanen Zeichen in seinen Zeichnungen erscheinen wie eine Geheimsprache, deren Schlüssel selbst dem Autor unzugänglich bleibt. Sie haben nichts Ausgedachtes, sie zeigen sich im Prozess des Machens, siedeln mit geheimnisvoller Logik im zeichnerischen Denken. Es wäre ein hoffnungsloses Unterfangen, diese von geschlossenen Linien getragenen Figuren, Gegenstände, abstrakten Zeichen, Ornamente gar, ins Literarische zu übersetzen, mit Sprache überhaupt beikommen zu wollen. Sie abzulesen hieße, in eine tautologische Litanei zu verfallen, die weit hinter dem Bild zurückbliebe. 

Eugen Blume
(aus dem Katalog zur Ausstellung Jürgen Köhler-Zeichnungen/Drawings im Leonhardi-Museum Dresden und der Galerie Pankow Berlin, erschienen im Verlag Kettler, 2024)

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