Aus dem alten Lehnsrecht stammt die Gebetshaltung der Stifterfiguren. Ein Lehnsnehmer legte zum Treueversprechen seine Hände in die seines Lehnsherrn. Dies wird dann auf das Gebet übertragen. Auch bei Cranach d. J. sehen wir die Hände im Gebet so aneinandergelegt, dass die Fingerspitzen sich berühren. Sie weisen von sich weg, nach vorn oder nach oben zum Himmel. Die Handwurzel jedoch richtet sich auf das eigene Herz. Hingabe und Vertrauen, ja eine eigentümlich aktive Passivität drückt diese Geste aus. Sie zeigt Erstaunliches und Faszinierendes: Im Gebet kann ich ganz intensiv bei mir und zugleich ganz außer mir sein.
Zugegeben, Dürers betende Hände, seine „Studie zu den Händen eines Apostels“ von 1508 für den Frankfurter Heller-Altar, sind berühmter geworden als die von Cranach auf seinen Epitaphien. Die von Dürer sind eindrücklicher, individueller, sichtbar vom Leben gezeichnet. Doch bei beiden, Dürer und Cranach, ist zu sehen, was das Beten für das christliche Leben bedeutet. Vor allem Nachdenken über Gott und vor allem Tun stehen die Hinwendung und das Reden zu Gott. Erst recht angesichts des Weihnachtswunders: „Ich sehe dich mit Freunden an / und kann mich nicht satt sehen; / und weil ich nun nichts weiter kann, / bleib ich anbetend stehen“, dichtet Paul Gerhardt 1653 in seinem berühmten Lied „Ich steh an deiner Krippen hier“.